Menü/Datenschutz

Home > News/Presse > Miete und Sozialhilfe: Rückforderung

Miete und Sozialhilfe: Rückforderung überzahlter Miete durch Sozialleistungsträger

Geld - Copyright Sylvia Horst(ho) Für den Wohnungsmieter M übernimmt das Jobcenter die Kosten für Unterkunft und Heizung nach dem SGB II. Nach dem Ende des Mietverhältnisses beruft sich M darauf, die gezahlte Miete sei sittenwidrig überhöht. Ebenso macht er wegen eines Wasserschadens in der Zeit von September 2019 bis März 2020 eine Mietminderung in vollem Umfang zu 100 % geltend. M verlangt von V Rückerstattung der seiner Auffassung nach überzahlten Mieten. Die Berufungsinstanz weist die Rückzahlungsklage ab; M als Mieter sei der falsche Kläger. Denn etwaige Rückzahlungsansprüche seien auf das Jobcenter übergegangen, das die Miete auch gezahlt habe.

Der BGH bestätigt das (BGH, Urteil vom 5. Juni 2024 - VIII ZR 150/23, juris). In Höhe der geleisteten Aufwendungen für Unterkunft und Heizung seien etwaige Rückzahlungsansprüche gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB II auf das Jobcenter als Sozialleistungsträger übergegangen. Leistungen, erbracht im Rahmen der Sozialhilfe, seien schon von ihrer gesetzlichen Definition her nachrangig. Die geltend gemachten Bereicherungsansprüche aus § 812 Abs. 1 Satz 1, Alt. 1 BGB seien für die Zeit entstanden, in der das Jobcenter dem Kläger Leistungen zur Sicherung seines Lebensunterhaltes gewährt habe. Wäre der Rückerstattungsanspruch noch während des laufenden Mietverhältnisses geltend gemacht worden, so hätte das Jobcenter weitere Sozialleistungen auch nicht erbracht. Denn der Kläger hätte sich diese Beträge zur Deckung seines Bedarfs anrechnen lassen müssen.

Unbedeutend bleibe, dass das Jobcenter die Bereicherungsansprüche nicht selbst gegenüber Vermieter V verfolgt habe und dass die Ansprüche zur gerichtlichen Geltendmachung auch nicht auf Mieter M als Kläger zurück übertragen worden seien (§ 33 Abs. 4 Satz 1 SGB II). Dies sei ausschließlich Frage des Verwaltungsvollzugs, zähle aber nicht zu den Voraussetzungen des gesetzlichen Anspruchsübergangs auf den Leistungsträger (zum unmittelbaren Rückforderungsanspruch des Jobcenters gegen den Vermieter wegen überzahlter Miete nach Vertragsende ebenso: BGH, Urteil vom 31.1.2018 - VIII ZR 39/17, NZM 2018, 195).

Ein Rückzahlungsanspruch gegen den Vermieter besteht allerdings nicht, wenn

  • der Sozialleistungsträger nach erbrachter Zahlung seinen Bewilligungsbescheid aufhebt: BSG, Urteil vom 28. August 2008 - B 8 SO 23/07, LSG Bayern, Urteil vom 21. Januar 2013 - L 7 AS 381/12, IMR 2013, S. 237; oder wenn
  • der Sozialhilfeträger zunächst zahlt, dann aber zu Grunde liegende Bewilligungsbescheide wegen einer selbst herbeigeführten Hilfsbedürftigkeit des Leistungsempfängers durch sozialwidriges Verhalten aufhebt und erbrachte Leistungen von ihm zurückfordert (LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 12.12.2018 - L 13 AS 111/17, juris - verschwendetes Erbe von 200.000 € in knapp 2 Jahren; ebenso: Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 20. September 2022 – L 3 AS 208/21, juris - Verbrauch einer Schenkung in Höhe von 40.000 € in 9,5 Monaten).

Ergänzend ist der Hinweis geboten, dass dem Vermieter kein unmittelbarer Anspruch gegen den Sozialleistungsträge zustehen kann (BSG, Urteil vom 9.8.2018 - B 14 AS 38/17 R, NJW 2018, S. 3740 = WuM 2018, S. 792), auch nicht im Falle eines gestellten und bewilligten Antrags auf Direktzahlung der Sozialleistung an den Vermieter gemäß § 22 Abs. 7 SGB II (LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 3.2.2022 - L 11 AS 578/20, IMR 2022, S. 213).

Ansprüche des Mieters als Sozialhilfeberechtigtem auf Leistungen für Unterkunft und Heizung bestehen nur für die tatsächlich genutzte Unterkunft. Gibt es mehrere Unterkünfte des Leistungsberechtigten, so können nur die Kosten für die vorrangig genutzte Wohnung als Bedarf anerkannt werden (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 12.4.2024 - L 6 AS 156/24 B ER, BeckRS 2024, 10177).

Dieser Hinweis ist vor allen Dingen in Umzugssituationen bedeutsam. Wird die alte Wohnung trotz fortbestehenden Mietverhältnisses - auch tageweise - nicht mehr genutzt und besteht schon ein neues Mietverhältnis, so wird nur noch dieses neue Mietverhältnis unterstützt. Denn hier handelt es sich um die tatsächlich genutzte Wohnung und damit um die Deckung des täglichen Lebensbedarfs. Das gilt selbst dann, wenn zum Beispiel noch Hausrat in der bisherigen zu räumenden Wohnung steht, vorrangig aber die neue Wohnung bereits bewohnt wird. Auch dann können nur die Kosten für die vorrangig genutzte Wohnung als Bedarf anerkannt werden (LSG, a. a. O.; ebenso: BSG, Urteil vom 23.5.2012 - B 14 AS 133/11 R, juris, dort Rn. 20 der Entscheidungsgründe mit weiteren Nachweisen; vgl. für den Wohnungswechsel eines Menschen mit Behinderung: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 13.10.2023 - L 13 AS 185/23 B ER, WuM 2023, 742 ff).

© Dr. Hans Reinold Horst

News/Presse >>

Unsere Partner:

Logo Roland Versicherung Logo VGH-Versicherung Logo NDS Bauschlichtungsstelle Logo Hausbank