Grundsteuer contra
bezahlbares Wohnen
(ho)
Der politisch gefundene Kompromiss bei der anstehenden Grundsteuerreform
auf der Bund-Länderfinanzminister-Konferenz am 1. Februar 2019 stößt
auf deutliche Kritik von Haus & Grund Niedersachsen.
Dazu Haus & Grund–Landesvorsitzender Dr. Hans Reinold Horst:
"Wenn statt der Einheitswerte aus dem Jahr 1964 nun aktuelle Bodenrichtwerte
und Mietwerte neben Immobilien- und Grundstücksflächen die Bemessungsgrundlage
zur Steuerermittlung darstellen sollen, dann kommt es unausweichlich zu
einer deutlichen Verteuerung; die Steuerlast wächst."
Denn der Ansatz jetzt aktueller Werte statt der alten Einheitswerte berücksichtigt
wirtschaftliche und auch währungspolitische Entwicklungen in den
letzten 55 Jahren seit 1964. Aus dieser Zeit stammen nämlich die
Einheitswerte, die neben der landeseigenen Steuermesszahl und dem kommunalen
Hebesatz jetzt noch mit in die Bemessungsgrundlage für die Bemessung
der Grundsteuer einfließen. Diese deutliche Verteuerung ließe
sich nur dadurch ausräumen, dass Steuermesszahlen
auf Länderebene und Steuerhebesätze auf kommunaler
Basis entweder drastisch reduziert oder abgeschafft würden.
"Der Steuerhebesatz, der von den Gemeinden autonom festgesetzt werden
kann, wird aber in dem politischen Kompromiss nicht angefasst, ja nicht
einmal thematisiert," kommentiert Horst.
Dieser Effekt bildet sich wegen der geplanten Berücksichtigung der
Bodenrichtwerte vor allem bei preiswert vermieteten Wohnungen in sonst
teuren Lagen ab. Und im Übrigen: Selbst wenn man dem Gedanken dieses
Wertansatzes näher tritt, so kann nicht übersehen werden, dass
Bodenrichtwerte dezentral von den einzelnen Gutachterausschüssen
für Grundstücksbewertungen auf kommunaler Ebene gebildet werden.
In ganz Deutschland arbeiten mindestens 1000 dieser Ausschüsse. Soll
die zukünftige Grundsteuer „gerecht“ sein, müsste
sichergestellt sein, dass die Bodenrichtwerte auch unisono und
zentral ermittelt werden könnten. Denn nur dann kämen
sie „aus einem Guss“. "Dies aber ist und bleibt Utopie,"
so Horst.
Und weiter:
Wird die Grundsteuer aber teurer, dann „beißt“ sie sich
vor allem mit den großen politischen und institutionenübergreifenden
Anstrengungen nach der Schaffung bezahlbaren Wohnraums. So ernst, wie
der Staat auf Bundes- und auf Länderebene tut, kann es ihm dann mit
diesem wichtigen politischen Ziel selbst nicht sein! Aber, wenn das eigene
Portmonee (erg. des Staates) zum Thema wird…
Abgesehen von alledem - eine (zumindest auch) mietenbasierte Grundsteuer?
Das will auch der Nds. Finanzminister Reinhold Hilbers.
Dazu Haus & Grund-Landeschef Dr. Horst: "Wir haben unsere
Häuser mit erarbeitetem und schon versteuertem Geld gebaut oder gekauft.
Werden dafür üblicherweise Baukredite in Anspruch genommen,
dann musste der Immobilieneigentümer zumindest in der Vergangenheit
bis jetzt sein Haus in Höhe seines 2,5 - 3 fachen Wertes bezahlen,
wenn man seine Belastung mit Kreditzinsen und Zinseszinsen einschließlich
Erwerbsnebenkosten berücksichtigt."
Gezahlt worden sind bereits Grunderwerbsteuer, Umsatzsteuer
für Bauleistungen, auch eine bereits eingepreiste
Einkommensteuer/Gewerbesteuer der Leistungsanbieter, und vor
allem eine bereits von Anfang an zu Buche schlagende Grundsteuer.
Laufende Instandhaltungsaufwendungen und Rücklagen für Instandsetzungskosten
kommen hinzu. Erzielte Mieten sind das einzige Gegenfinanzierungsmittel.
Die darüber erzielte „Rendite“ ist gerade bei der häufig
nominalen Stagnation der Mietenwerte kaum darzustellen. Denn schon die
jahrelange Geldwertentwicklung (inflationsbedingter Kaufkraftschwund)
hat extrem an der Kaufkraft der Mieten genagt. Die Politik redet nur von
„angespannten Wohnungsmärkten“, von „hot spots“
und sieht die wirtschaftliche Realität häufig nicht.
Deutlich in die Höhe gegangen sind dagegen die Betriebskosten,
die in vielen Fällen schon nicht mehr von den Mietern verkraftet
werden können, und deshalb aus rein wirtschaftlichen Gründen
vielfach auch nicht umgelegt werden können.
Haus & Grund Niedersachsen fragt: "Sollen dann tatsächlich
unsere Mieten, egal ob sie im Vermietungsfalle erzielt werden oder im
Falle der eigenen Nutzung des Hauses eben nicht, jetzt über das Vehikel
einer reformierten Grundsteuer noch weiter weg besteuert werden? Soll
das Steueraufkommen wieder zum Wohle des Staates insgesamt steigen, und
die Schaffung bezahlbaren Wohnraums im Bereich der Nebenkosten deshalb
in den Hintergrund treten?"
Und schließlich:
Es wird wieder ein neues „Bürokratiemonster“
geschaffen. Denn die Grundsteuer muss bei der neu zusammengesetzten Bemessungsgrundlage
für jedes einzelne Grundstück aufwendig ermittelt werden. Wir
reden von 35 Millionen Grundstücken in Deutschland! Über
die dafür notwendige Zeit und die damit wieder stark erhöht
anfallenden Verwaltungskosten denkt die Politik offensichtlich überhaupt
nicht nach.
Deshalb:
Zu dem von Haus & Grund gemeinsam mit der gesamten Wohnungswirtschaft
vorgeschlagenen Flächenmodell gibt es keine Alternative. Alles andere
führt zu verheerenden bürokratischen, finanziellen und sozialen
Folgen für Vermieter, Mieter und für den Staat selbst.
Dr. Hans-Reinold Horst
Verbandsvorsitzender
Haus & Grund Niedersachsen e. V.
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