Mietende „Dauerbrenner“:
Schönheitsreparatur, Renovierung und Schadensersatz
(ho)
Auch mehr als zwei Jahrzehnte nach dem endgültigen „Aus“
sogenannter Endrenovierungsklauseln hört man immer wieder die mit
Verve vorgetragene Meinung vieler Vermieter, eine renoviert übergebene
Wohnung müsse doch auch renoviert zurückkommen. Dazu müsste
man den Mieter doch verpflichten können. Renoviert hin, renoviert
zurück?
Der BGH hat dieser Gleichung eine Absage erteilt. Vereinbarungen, die
eine Renovierungspflicht ohne weitere Voraussetzungen an das Vertragsende
knüpfen, sind unwirksam (BGH, Urteil vom 3. Juni 1998 – VIII
ZR 317/97; BGH, Urt. v. 14.Mai 2003 – VIII ZR 308/02,; BGH, Urteil
vom 6. April 2005 – XII ZR 308/02, jeweils juris - danach ist eine
Endrenovierungsklausel unwirksam, wenn sie unabhängig davon, zu welchem
Zeitpunkt die letzten Schönheitsreparaturen vorgenommen worden, zur
Endrenovierung verpflichtet).
Ebenso geächtet wird die Verpflichtung des Mieters zur Zahlung anteiliger
Kosten für angelaufene Renovierungszeiträume bei Vertragsende
(Quotenabgeltungsklausel: BGH, Urteil vom 30.5.2017 VIII ZR 31/17; BGH,
Urteil vom 18.3.2015 – VIII ZR 242/13).
Die oft gehörte verblüffte Folgefrage:
Soll das heißen, dass ich jetzt meine Wohnung „mit allem Dreck
und Speck“ unrenoviert zurücknehmen muss? Und was ist, wenn
ich Beschädigungen bei der Rücknahme der Wohnung feststelle?
Vor allem: Dübellöcher - müssen sie nicht wieder unkenntlich
verschlossen werden?
Zugegeben: Die Entscheidungslage ist komplex. Deshalb sollen die folgenden
Ausführungen betroffenen Vermietern eine erste Orientierung bei den
häufigsten Praxisfragen geben und vor der Inanspruchnahme einer Einzelberatung
einen „Pfad durchs Dickicht“ weisen.
Pflicht zur Vornahme von Renovierungsarbeiten bei Vertragsende
Die Verpflichtung zur Durchführung von Renovierungsarbeiten kann
sich für den Mieter bei Vertragsende in vier Fällen ergeben:
- Zuvor wurde nicht fachgerecht renoviert. Der Mieter kann zwar entscheiden,
ob er selbst arbeitet oder ein Malerunternehmen beauftragt; in jedem
Fall müssen die Arbeiten aber fachgerecht erledigt werden.
- Der Mieter hat zuvor die Grenzen des Gestaltungsrechts bei den Dekorationen
überschritten und will die Wohnung nun in einem „poppig bunten
Zustand“ zurückgeben (KG Berlin, Urteil vom 9.6.2005 –
8 U 211/04, NZM 2005, 663 = MDR. 2006, 440 = NJW 2005, 3150).
- Tatsächlich geht es um die Beseitigung „getarnter Sachschäden“
in der Wohnung.
- Die Wohnung zeigt einen renovierungsbedürftigen Zustand. In
diesem Fall werden die Renovierungspflichten bei Vertragsende aus einer
Vereinbarung abgeleitet, die den Mieter während des laufenden Mietvertrags
zur Renovierung verpflichtet (Vornahmeklausel). Sie muss nach der jeweils
aktuellen Rechtsprechung wirksam sein und einer AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle
genügen. Aber das ist ein ganz eigenes Thema.
Zur Wirksamkeit von Schönheitsreparaturklauseln
Aus Raumgründen hierzu nur folgendes: Besonders ab dem Jahr 2015
hat der Bundesgerichtshof an die Zulässigkeit von Vornahmeklauseln
sehr scharfe Anforderungen gestellt (BGH, Urteil vom 18.3.2015 - VIII
ZR 185/14). Ältere Mietverträge konnten diese Anforderungen
mangels „hellseherischen Fähigkeiten“ der Vertragsgestalter
natürlich noch nicht kennen und deshalb auch nicht berücksichtigen.
Deswegen liegt in diesen Fällen eine Klauselunwirksamkeit nahe. Natürlich
sollte sie immer durch Fachleute überprüft werden. Beispiele
unwirksamer Klauseln:
- Verpflichtung des Mieters zur Anfangsrenovierung bei Beginn des Mietverhältnisses
(BGH, Urteil vom 3.6.1998 - VIII ZR 317/97), weil er dann auf seine
Kosten Abnutzungen beseitigen muss, die sich vor Beginn seiner Mietzeit
beim Vormieter ergeben haben,
- Vornahmeklauseln ohne Vereinbarung eines angemessenen finanziellen
Ausgleichs für den Mieter bei unrenoviert übergebener Wohnung,
weil er dann mit seiner ersten. Renovierung auch Abnutzungen beseitigt,
die nicht in seine eigene Mietzeit fallen (BGH, Urteil vom 18.3.2015
- VIII ZR 185/14),
- Fachhandwerkerklauseln, die zur Erledigung der Renovierungsarbeiten
durch ein Fachunternehmen verpflichten und dem Mieter die Möglichkeit
nehmen, kostengünstiger in Eigenleistung zu arbeiten (BGH, Urteil
vom 9.6.2010 - VIII ZR 294/09),
- Farbwahlklauseln, die das Gestaltungsrecht des Mieters während
der Vertragslaufzeit einschränken und darüber hinaus bei Ende
des Mietverhältnisses verpflichten, nur „in weiß“
zu streichen (BGH, Urteil vom 18.6.2008 - VIII ZR 224/07; BGH, Beschluss
vom 14.12.2010 - VIII ZR 198/10). Ihm muss die Möglichkeit bleiben,
die Wohnung „hell neutral gestrichen“ zurückzugeben;
und zwar so, dass sie dem Geschmacksempfinden potentieller Mietinteressenten
entspricht und deshalb in diesem Zustand auch weitervermietet werden
kann.
Heute noch wirksame Vornahmeklauseln müssen mindestens die folgenden
Voraussetzungen erfüllen:
- Vereinbarung eines angemessenen finanziellen Ausgleichs (Streitfrage:
wie viel ist das?) bei Übertragung der Renovierungsverpflichtung
auf den Mieter, wenn eine Wohnung unrenoviert oder mit Gebrauchsspuren
angeboten wird (BGH, Urteil vom 18.3.2015 - VIII ZR 185/14),
- Renovierungspflicht nur bei eingetretenem Renovierungsbedarf (anzunehmen,
„wenn die Räume unansehnlich geworden sind, d. h. wenn Tapeten
und Anstriche verschossen, verschmutzt, beschädigt oder rissig,
Lackfarben vergilbt oder nicht unerheblich abgestoßen sind“
(so wörtlich BGH, Urteil vom 6.4.2005 - VIII ZR 192/04),
- Vereinbarung von raumbezogenen Renovierungsfristen (momentan 5, 8
und 10 Jahre), die nur in der Regel als Orientierung dienen und nicht
bei zeitlichem Ablauf isoliert eine Renovierungspflicht auslösen
(starre Fristenpläne; BGH, Urteil vom 23.6.2004 - VIII ZR 361/03),
sondern immer auch auf einen tatsächlich und zusätzlich eingetretenen
Renovierungsbedarf für die Renovierungspflicht abstellen (weiche
/ flexible Fristenpläne; BGH, Urteil vom 23.6.2004 - VIII ZR 361/03;
BGH, Urteil vom 22.10.2008 - VIII ZR 283/07; anderer Ansicht: LG Krefeld,
Urteil vom 25.8.2021 – 2 S 26/20 –, juris, das auch flexible
Fristenpläne als unwirksam verwirft).
Beschränkung auf Renovierungsmaßnahmen
Das Gesetz spricht von „Schönheitsreparaturen“
(§ 28 Abs. 4 Satz 3 II. BV). Genannt werden
- das Tapezieren,
- Anstreichen oder Kalken der Wände und Decken,
- das Streichen der Fußböden, Heizkörper einschließlich
Heizrohre, der Innentüren sowie der Fenster und Außentüren
von innen.
Ist vom Vermieter Teppichboden verlegt und mitvermietet
worden, schuldet der Mieter im Rahmen seiner Pflicht zu
Schönheitsreparaturen die Grundreinigung des Teppichs
(BGH, Urteil vom 8. Oktober 2008 - XII ZR 15/07). Ungeklärt ist,
ob die Verpflichtung zum Streichen der Wände auch das Streichen der
Sockel- und Fußleisten umfasst.
Alle anderen anfallenden Arbeiten sind keine Schönheitsreparaturen
und können im Rahmen dieser Klausel auch nicht verlangt werden. So
ist zum Beispiel die Verpflichtung, Fenster auch von außen zu streichen,
unwirksam, weil sie den Mieter im Vergleich zu der einschränkenden
gesetzlichen Formulierung, nur von innen streichen zu müssen, unangemessen
benachteiligt (BGH, Urteil vom 13.1.2010 - VIII ZR 48/09).
Achtung: Kurze Verjährungsfrist beachten
Besonders hinzuweisen ist auf eine nur 6-monatige Verjährungsfrist
für Ansprüche auf Vornahme von Renovierungsarbeiten und auf
Schadensersatz bei unterlassener Ausführung, aber auch auf Schadensersatz
wegen Beschädigungen oder Verschlechterungen der Mieträume.
Die Frist beginnt mit Rückgabe der Mieträume (§ 548 Abs.
1 Satz 1 BGB), nicht erst mit Vertragsende!
© Dr. Hans Reinold Horst
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