Menü/Datenschutz

Home > News/Presse > Wohnungseigentum: Abrechnungsfragen und Schadensersatz

Wohnungseigentum: Abrechnungsfragen und Schadensersatz

WEG(ho) § 28 WEG ordnet im Zuge der WEG-Reform das Abrechnungswesen in der GdWE neu:

  • Der Verwalter fertigt für jeweils ein Kalenderjahr einen Wirtschaftsplan, zu verstehen als Voranschlag, der die voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben enthält. Auf dieser Grundlage beschließt die Gemeinschaft nur noch über Vorschüsse zur Kostendeckung sowie über Rücklagen (§ 28 Abs. 1 WEG).
  • Nach Ablauf des Kalenderjahres fertigt der Verwalter eine Jahresabrechnung (Abrechnung über den Wirtschaftsplan); sie enthält neben den beschlossenen Vorschüssen und Rücklagen auch die Einnahmen und Ausgaben im Wirtschaftsjahr. Auf dieser Basis beschließt die Gemeinschaft darüber, ob Nachschüsse einzufordern oder im Rahmen der Vorplanung festgesetzte Vorschüsse anzupassen sind (§ 28 Abs. 2 WEG).
  • Sowohl beim Wirtschaftsplan als auch bei der Jahresabrechnung kann die Gemeinschaft den Fälligkeitszeitpunkt von Forderungen beschließen, ebenso ihren Erfüllungszeitpunkt (§ 28 Abs. 3 WEG).

Beschlussinhalte

Aufgrund der Neufassung des Abrechnungswesens ist nicht mehr über den Wirtschaftsplan, bzw. über die Jahresabrechnung als Gesamtrechenwerk, sondern nur noch über die Vorschüsse und Rücklagen, Einnahmen und Ausgaben und damit über die Rechnungssalden (Abrechnungsspitzen) zu beschließen (BGH, Urteil vom 19.7.2024 - V ZR 102/23, IMR 2024, 381; BGH, Urteil vom 20.9.2024 - V ZR IMR 2024, 468 = FD-MietR 2024, 819768). Nur wenn sich Fehler auf den Saldo auswirken, kann noch angefochten werden, sonst nicht mehr. Die vor der WEG-Reform übliche Regelung, dass das gesamte Rechenwerk der Anfechtbarkeit unterliegt und damit auch teilweise ohne Rücksicht auf das Rechnungsergebnis angefochten werden konnte (Teilanfechtung), ist mit der WEG-Reform durch Neufassung von § 28 WEG obsolet geworden (LG Frankfurt/Main, Urteil vom 7.12.2023 - 2-13 S 27/23; LG Bremen, Urteil vom 29.7.2022 - 4 S 20/22; LG München I, Urteil vom 13.7.2022 - 1 S 2338/22 WEG). Die vorbereitend zu erstellende Jahresabrechnung ist also nicht mehr Gegenstand des Beschlusses (so schon Deutscher Bundestag, Drucksache 19/18791, 77). Der BGH legt „Genehmigungsbeschlüsse zur Jahresabrechnung nach Prüfung einer Auswirkung geltend gemachter Anfechtungsgründe auf das Abrechnungsergebnis entsprechend aus (BGH, Urteil vom 19.7.2024 - V ZR 102/23, IMR 2024, 381; BGH, Urteil vom 20.9.2024 - V ZR 195/23, IMR 2024, 468 = FD-MietR 2024, 819768). Die „Genehmigung der Jahresabrechnung“ sei als Festlegung der Nachschüsse zu verstehen.

Bereits zuvor hatte der BGH dasselbe Votum für den Wirtschaftsplan (Anfechtbarkeit nur bei fehlerhafter Abrechnungsspitze) getroffen (BGH, Beschluss vom 25.10.2023 - V ZB 9/23, NZM 2024, 42-43).

Abrechnungswerke als Teil ordnungsmäßiger Verwaltung – wer muss auf Erteilung der Abrechnung verklagt werden?

Die Jahresabrechnung und auch die daraus entwickelte Einzelabrechnung sind Teil ordnungsmäßiger Verwaltung des Gemeinschaftseigentums (§ 18 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 WEG. Diese obliegt der GdWE. Folglich ist die Gemeinschaft Schuldnerin der Jahresabrechnung, nicht der Verwalter, der sie gemäß § 28 Abs. 2 Satz 1 WEG nur vorbereitet (BGH, Urteil vom 19.4.2024 - V ZR 167/23, in: IMR 2024, 380; LG Koblenz, Urteil vom 5.2.2024 - 2 S 34/23 WEG, Beck RS 2024, 6948). Kommt sie nicht oder zu spät, muss die Gemeinschaft verklagt werden, nicht der Verwalter. Folglich hat der einzelne Wohnungseigentümer keinen Individualanspruch gegenüber dem Verwalter auf eine Fertigung und Vorlage von Jahresabrechnung, Wirtschaftsplan und Vermögensbericht. Diese Ansprüche richten sich ausschließlich gegen die GdWE.
§ 24 Abs. 1 WEG, wo der Verwalter als Einberufungsberechtigter und Einberufungsverpflichteter der Eigentümerversammlung genannt ist, beruht auf einem gesetzgeberischen Versehen und passt nicht in das System, nach dessen Grundaussage die GdWE für die ordnungsmäßige Verwaltung zuständig ist. Deshalb ist § 24 Abs. 1 WEG im Wege der Auslegung zu berichtigen. Daraus folgt eben, dass der einzelne Wohnungseigentümer nur gegenüber der GdWE einen Anspruch auf Durchführung der Eigentümerversammlung hat (siehe auch: BGH, Urteil vom 19.4.2024 - V ZR 167/23, NJW-RR 2024, 1017), aber nicht gegen den Verwalter (LG Stuttgart, Beschluss vom 4.5.2023 - 19 S 34/22, ZWE 2023, 453; LG Braunschweig, Urteil vom 6.1.2023 - 6 S 228/22, ZMR 2023, 390).

Richtiger Zeitpunkt der Abrechnung?

Zum alten Recht vor der WEG-Reform am 1.12.2020 wurde vertreten, dass die Jahresabrechnung bis zum 31. März oder bis zum 30. Juni eines jeden Jahres zu erstellen ist (OLG Zweibrücken, Beschluss vom 11.5.2007 - 3 W 153/06, ZWE 2007, 370; OLG Celle, Beschluss vom 8.6.2005 - 4 W 107/05, ZMR 2005, 718). Das sieht das LG Koblenz unter Geltung neuen Rechts (§ 28 Abs. 2 WEG) anders (LG Koblenz, Urteil vom 5.2.2024 - 2 S 34/23 WEG, Beck RS 2024, 6948): eine gesetzliche Frist, bis zu der die Jahresabrechnung durch die GdWE aufzustellen sei, existiere nicht. Ein Fall der sofortigen Fälligkeit (§ 271 Abs. 1 BGB) liege nicht vor. Zweck des § 28 Abs. 2 Satz 2 WEG sei, die Jahresabrechnung so aufzustellen, dass sie bis zum Ablauf des Folgejahres zum Abrechnungsjahr beschlossen werden könne. Deshalb sei sie so rechtzeitig durch den Verwalter als Organ der GdWE zu erstellen, dass die Wohnungseigentümer unter Berücksichtigung der Ladungsfrist (§ 24 Abs. 4 Satz 2 WEG) für die gemäß § 24 Abs. 1 WEG mindestens einmal im Jahr durchzuführende Eigentümerversammlung eine Beschlussfassung zum Tagesordnungspunkt „Einfordern von Nachschüssen und Anpassung der beschlossenen Vorschüsse“ (§ 28 Abs. 2 Satz 1 WEG) vornehmen können. Der jedem Eigentümer zustehende Anspruch auf Erstellung der Jahresabrechnung werde deshalb regelmäßig nicht vor Ablauf des 3. Quartals fällig.
Bei der Entscheidung im Einzelfall ist zunächst davon auszugehen, dass zu § 28 Abs. 1 und 2 WEG im Rahmen einer mindestens einmal jährlich notwendigen Eigentümerversammlung zu beschließen ist. Folglich gehören Jahresabrechnung und Wirtschaftsplan als Beschlussbasis in die Einladungsunterlagen. Nun gibt es Gemeinschaftsordnungen, die vorsehen, dass die Versammlung bis zum 30. Juni eines Jahres stattzufinden hat. Dann sind unter Beachtung der Einladungsfrist (§ 24 Abs. 4 Satz 2 WEG ggflls. In Verbindung mit § 47 WEG bei Altvereinbarungen) Jahresabrechnung und Wirtschaftsplan rechtzeitig vorher zu erstellen und den Mitgliedern der Gemeinschaft zur Vorbereitung auf die Versammlung zugänglich zu machen. Enthält das Binnenrecht der Gemeinschaft keine zeitlichen Regelungen zur Durchführung der Versammlung, so ist die Versammlung innerhalb des Jahres nach Ablauf des abzurechnenden Wirtschaftsjahres auch noch zum Jahresende im Dezember möglich. Entsprechend mehr Zeit steht zur Erfüllung der Abrechnungspflichten zur Verfügung.
Ein korrigierendes besonderes Informationsinteresse des einzelnen Eigentümers ist auch noch Auffassung des BGH nicht anzunehmen. Denn einerseits ist diesem Interesse durch sein Einsichtsrecht (§ 18 Abs. 4 WEG) und andererseits durch den geschuldeten Vermögensbericht (§ 28 Abs. 4 WEG) Genüge getan.

WEG-Abrechnung zu spät, mietrechtliche Folgen und Haftung?

Schon fast als „Problemklassiker“ mutet der Fall an, in dem die Jahresabrechnung in Gestalt der Einzelabrechnung für das konkrete Sondereigentum nicht bis zum Ende des folgenden Jahres kommt und der Eigentümer vermieteten Sondereigentums deshalb die Betriebskostenabrechnung nicht unter Beachtung von § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB an den Mieter ausreichen kann. Als Folge ist dann ein Nachzahlungssaldo nach Satz 3 der Vorschrift nicht mehr geschuldet, es sei denn, der vermietende Eigentümer hat die verspätete Abrechnung nicht zu vertreten.
Der VIII. Zivilsenat des BGH hat dem Vermieter in diesen Fällen keine Exkulpationsmöglichkeit zugestanden (BGH, Beschluss vom 14.3.2017 - VIII ZR 50/16, ZMR 2017, 630; BGH, Urteil vom 21.1.2009 - VIII ZR 107/08, MDR 2009, 558; BGH, Urteil vom 25.1.2017 - VIII ZR 249/15, MDR 2017, 385; beachte aber: LG München, Urteil vom 18.1.2018 - 31 S 11.267/17, WuM 2018, 427; anders noch und für Exkulpation: OLG Düsseldorf, Urteil vom 23.3.2000 - 10 U 160/97, ZMR 2000, 452; zur fristwahrenden Betriebskostenabrechnung mit den alten Zahlen der Vorjahresabrechnung „lediglich fristwahrend“: LG Bonn, Urteil vom 8.1.2015 - 6 S 138/14, WuM 2015, 358). Folge: Die Abrechnungsfrist gilt auch bei einer vermieteten Eigentumswohnung selbst dann, wenn der WEG-Verwalter keine Abrechnung vorgelegt hat oder die Eigentümergemeinschaft die Abrechnung noch nicht genehmigt hat (Bister, in Over / Gies, Beck‘sches Formularbuch Mietrecht, 7. Aufl. 2024, Formular. C. X. 1 „Betriebskosten nach Quadratmetern im Freien Wohnungsbau“. Anm. 2, 2. Absatz).
Nur dann, wenn die Abrechnungsgrundlagen aufgrund eines mit einem anderen Mitglied der Eigentümergemeinschaft geführten Rechtsstreits überhaupt nicht vorliegen: LG München I, Urteil vom 18. Januar 2018 – 31 S 11267/17, NZM 2018, 427), kann sich der Vermieter für eine verspätete Abrechnung entschuldigen und der „Strafe“ eines verlorenen Nachzahlungssaldos entkommen. Das gilt auch dann, wenn der Abrechnungsdienstleister oder bei öffentlichen Abgaben die Gemeinde die Abrechnungsunterlagen noch gar nicht geliefert hat. Eine Rückausnahme hiervon gilt wiederum, wenn der Abrechnungsdienstleister seine Leistung zurückgehalten hat, weil er zuvor nicht bezahlt worden ist.
Im Ergebnis ist der Eigentümer danach gehalten, sich bei drohender Verspätung die Abrechnungsunterlagen bei seiner Hausverwaltung zu besorgen, und dann die Abrechnung selbst zu fertigen. Nur die Berufung auf ein verzögertes Verwalterhandeln, sei es dort verschuldet, oder sei es, weil der Verwalter selbst nicht über alle notwendigen Abrechnungsunterlagen verfügt, reicht also nicht.
Eigentümer, die dann ihren Nachzahlungssaldo verlieren denken an einen entsprechenden Verwalterregress. Dabei ist zu differenzieren:
Der WEG-Verwalter ausschließlich von Gemeinschaftseigentum haftete schon nach altem Recht für die mietrechtlichen Folgen einer zu spät erteilten Abrechnung nur dann, wenn er aufgrund einer vorherigen Mahnung, die Abrechnung zu erstellen und damit den Abrechnungsanspruch des Eigentümers Genüge zu tun, in Verzug geraten ist, sonst nicht (LG Mönchengladbach, Beschluss vom 28.6.2006 - 5 T 16/06; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.12.2006 - I-Wx 160/06, ZMR 2007, 287). Das wird nach der WEG Reform es recht zu gelten haben; denn wie gesagt: Hier ist nicht der Verwalter anspruchsverpflichteter, sondern die Gemeinschaft. Der einzelne Sondereigentümer müsste dann also der Gemeinschaft eine entsprechende Abmahnung zukommen lassen.
Handelt es sich dagegen um einen reinen Mietverwalter, so haftet er bei Verzögerungsverschulden aus dem Verwaltungsvertrag unmittelbar mit dem Vermieter für dessen Vermögensausfall nach § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB. Davon ist auszugehen, wenn er die Abrechnung hätte fertigen können; nicht aber dann, wenn ihm unverschuldet die Abrechnungsunterlagen selbst nicht vorliegen.
Wie der Miethausverwalter ist auch der WEG-Verwalter zu beurteilen, wenn er neben dem Gemeinschaftseigentum auch das Sondereigentum verwaltet (zum Ganzen ausführlich: Drasto, Verwalterhaftung für die Folgen zu spät erstellter Betriebskostenabrechnungen, NZM 2004, 372 ff). Denn hier existiert eine unmittelbare Vertragsbeziehung zwischen ihm und dem Sondereigentümer.

Lesetipp:
Broschüre "Streit mit dem WEG-Verwalter", 2. Auflage 2022, 16,95 €, 202 Seiten, DIN A5, ISBN 978-3-96434-029-0, zuzüglich Versandkosten bei Einzelbestellung, zu beziehen über Haus und Grund Niedersachsen, E-Mail: info@haus-und-grund-nds.de; Fax: 0511/97329732.

© Dr. Hans Reinold Horst

News/Presse >>

Unsere Partner:

Logo Roland Versicherung Logo VGH-Versicherung Logo NDS Bauschlichtungsstelle Logo Hausbank