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Vertragsende: Strom und Gas zu früh abgemeldet - wer zahlt?

Gas - Copyright Sylvia HorstBeispiel:
Mieter V hat zum 31. Dezember gekündigt und ist auch ausgezogen, hat aber Strom und Gas bereits zum 14. Dezember beim Energieversorger abgemeldet. Der Energieversorger wendet sich an Hauseigentümer und Vermieter V und verlangt Zahlung der Rechnungen für die Zeit vom 15. Dezember bis zum 31. Dezember.
Muss V zahlen?

§ 36 des Energiewirtschaftsgesetzes - EnWG, aktuell in der Fassung vom 23.12.2024 (BGBl. I/2024 Nr. 448) bestimmt in Verbindung mit der Stromgrundversorgungsverordnung (§ 2 Abs. 2 StromGVV) und der Gasgrundversorgungsverordnung (§ 2 Abs. 2 GasGVV), dass der Energielieferungsvertrag bei Abmeldung durch den Mieter „automatisch“ auf den Eigentümer und Vermieter übergeht. Der Energieversorger prüft dabei nicht, ob das privatrechtliche Mietverhältnis tatsächlich beendet oder der Mieter bereits vorzeitig ausgezogen ist und vorzeitig abgemeldet hat.

Das bedeutet:
Wirt nach dem Abmeldedatum weiterhin Energie an der Entnahmestelle entnommen, geht die Rechnung dafür an den Grundstückseigentümer. Denn dann wird ein durch tatsächliches Handeln (Energieentnahme) konkludent geschlossener Vertrag über die weitere entgeltliche Belieferung mit Energie angenommen (BGH, Urteil vom 17.3.2004 - VIII ZR 95/03, ZMR 2005, 57; BGH, Urteil vom 22.7.2014 - VIII ZR 313/13; BGH, Urteil vom 27.11.2019 - VIII ZR 165/18, NZM 2020,213 = ZMR 2020, 348; LG Aachen, Urteil vom 29.10.2020 - 2 S 52/20, ZMR 2021, 170).. Dabei wird die Lieferung der Energie als Vertragsangebot des Energieversorgers gewertet, ihre Entnahme als Annahme dieses Vertragsangebots.

Rettungsanker: Die Mietwohnung hat einen eigenen Stromzähler, der Vermieter (noch) keinen Zugang

In unserem Fall kann aber Vermieter V dieser Konsequenz mit dem Hinweis entgegentreten, die Wohnung des Mieters verfüge über einen eigenen Stromzähler, bzw. einen eigenen Gaszähler, und der Mieter allein habe Zugang zu den Energie-entnahmestellen gehabt, weil die Wohnung erst zum Vertragsende abgenommen und übergeben worden sei. Kann der Vermieter diesen Fall nachweisen, so haftet er nicht für Energieverbräuche (BGH, Urteil vom 27.11.2019 - VIII ZR 165/18; NZM 2020, 213, Rn. 9; ebenso: BGH, Urteil vom 2.7.2014 - VIII ZR 316/13, BGHZ Bd. 202,17 Rn. 14; BGH, Urteil vom 22.7.2014 - VIII ZR 313/13, BGHZ Bd. 202, 158 Rn. 21; LG Aachen, Urteil vom 29.10.2020 - 2 S 52/20, ZMR 2021, 170).

Anders liegt es aber, wenn der Mieter die Wohnung bereits vor Vertragsende zurückgegeben hat und der Hauseigentümer/Vermieter schon einmal die Wohnung für die Anschlussvermietung renoviert. Dann ist von einem konkludent zustande gekommen Energielieferungsvertrag auch dann auszugehen, wenn nur vorübergehend und geringfügig Energie entnommen wurde (OLG Hamm, Urteil vom 19.11.2013 - I-19 U 116/13, NJW-RR 2014, 942).

Fehlende Nachweismöglichkeit eines eigenen Energiezählers ohne Zugang des Vermieters zu den Entnahmestellen in der Wohnung

Kann der Vermieter den hier beschriebenen „Joker“ eines eigenen Energiezählers für die Wohnung sowie eine fehlende Zugangsmöglichkeit zu deren Entnahmestellen nicht ziehen, muss er die Energiekosten also übernehmen. Daraus ergeben sich dann im Verhältnis zum (ehemaligen) Mieter folgende rechtliche Konsequenzen:

Pflicht des Mieters zur Tragung der Energiekosten

Der Mieter ist aus dem Mietvertrag verpflichtet, die angefallenen Energiekosten zu tragen, wenn der Vertrag von einer Selbstversorgung durch Abschluss eines Direktlieferungsvertrags zwischen Mieter und Energieversorger ausgeht (OLG Düsseldorf, Urteil vom 7.9.2006 - 10 U 192/01 BeckRS 2006, 11120). Meldet der Mieter vorzeitig ab und kann sich der Vermieter gegen eine daraufhin erteilte Energierechnung nicht wehren, verstößt der Mieter gegen diese vertragliche Pflicht und haftet auf Schadensersatz (§§ 280 Abs. 1, 535 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB - Haftung aus positiver Vertragsverletzung).
Allerdings trifft auch den Vermieter die Pflicht, den Energiebezug in der Wohnung sicherzustellen, solange das Mietverhältnis besteht (AG Hamburg-Bergedorf, Urteil vom 16.9.2014 BeckRS 2014, 18935). Deshalb wird teilweise angenommen, der Vermieter sei verpflichtet, dann selbst einen Energielieferungsvertrag mit dem Versorger abzuschließen, um den Mieter in seiner Wohnung nicht „aus zu frieren“ (AG Berlin-Schöneberg, Urteil vom 26.4.2010 - 5 C 49/10, NZM 2011, 72).
Selbst für die Zeit nach Vertragsende werden nach vertragliche Pflichten des Vermieters angenommen, die Versorgung der Wohnung sicherzustellen, wenn der Mieter noch nicht ausgezogen ist oder wenn ein Räumungsschutzantrag gestellt wurde (AG Berlin-Schöneberg, Urteil vom 26.4.2010 - 5 C 49/10, NZM 2011, 72; vgl. auch Klotz-Hürlin, in: Schach/Schultz/Schüller, BeckOK Mietrecht - Stand 1.11.2024 Rn. 132).
Diese Auffassung kann in dem hier betrachteten Fall so nicht richtig sein; denn der Mieter selbst hat abgemeldet und damit in letzter Konsequenz bei fehlender Zahlung die Energiezufuhr durch Sperrung und Ausbau der Zähler auch selbst verursacht. Andernfalls könnte er durch diesen „Kunstgriff“ seine eigene Zahlungspflicht aus dem Vertrag mit dem Energieversorger und der Abrede im Mietvertrag auf den Vermieter abwälzen. Dies wäre ein grober Rechtsmissbrauch unter Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Deshalb muss es bei seiner Schadensersatzpflicht bleiben.

Endabrechnung über die Betriebskosten

Hat der Mieter nach dem bisher Gesagten die Energiekosten auch bei verfrühter Abmeldung bis zum Vertragsende zu tragen, so gehören die entsprechenden Verbräuche auch nach verfrühter Abmeldung bis zum Vertragsende in die zu erteilende Endabrechnung über die Betriebskosten. Folge ist dann ein Zahlungsanspruch aus der Betriebskostenabrede in Verbindung mit der fällig gewordenen Abrechnung (§§ 535 Abs. 1, 259 BGB in Verbindung mit der Betriebskostenumlagevereinbarung im Mietvertrag).

Verrechnung mit der Kaution

Zahlt der Mieter nicht, bleibt die Möglichkeit, die streitige Forderung in die Kautionsabrechnung einzustellen.

Das Problem in beiden Fällen: der Vermieter muss gegenüber dem Energieversorger in Vorleistung treten. Er trägt damit das Forderungsbeitreibungsrisiko gegenüber dem Mieter. Um die Forderung geltend zu machen benötigt er auch die neue Adresse des Mieters als ladungsfähige Anschrift im Streitfall.

Schlussbemerkung

Das gilt natürlich nur, wenn der Vermieter die Wohnung einschließlich übergebener Schlüssel noch nicht zurückgenommen hat. Andernfalls ist ein Aufhebungsvertrag anzunehmen, der eine etwa laufende Kündigungsfrist zeitlich abkürzt und das Mietverhältnis dann auch früher beendet. Denn der Mieter hat dann keinen Wohnungsbesitz und keinerlei Zugangsmöglichkeiten mehr; der Vermieter, der dann wieder Alleinbesitzer der Wohnung ist, kann mit den Räumlichkeiten nach Belieben verfahren und sie insbesondere erneut vermieten.

© Dr. Hans Reinold Horst

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