Wohnungseigentum:
Unterjähriger Wechsel des Verwalters - wer muss abrechnen?
(ho)
Die Gemeinschaft ist heillos zerstritten. Auf dem Rücken des Verwalters
V wird jede Streitigkeit ausgetragen. Er hat genug, legt das Mandat nieder
und „wirft die Brocken hin“. Wer kümmert sich nun im
laufenden Wirtschaftsjahr um Jahresabrechnung und Einzelabrechnungen und
um den Vermögensbericht für das bereits abgelaufene Wirtschaftsjahr
sowie schließlich um den Wirtschaftsplan für das laufende Wirtschaftsjahr?
Der BGH verpflichtet in diesem Fall nach § 28 Abs. 3 WEG in seiner
Fassung bis zum 30.11.2020 den bisherigen und jetzt unterjährig ausscheidenden
Verwalter, auch wenn er aus seinem Amt ausgeschieden ist (BGH, Urteil
vom 16.2.2018 - V ZR 89/17, NJW 2018, 1969 Rn. 11 - ausdrücklich
für den Fall eines Verwalterwechsels im laufenden Wirtschaftsjahr).
Ob die Abrechnungspflicht für das abgelaufene Wirtschaftsjahr am
letzten Tag dieses Jahres (31. Dezember) oder am 1. Tag des anschließenden
Wirtschaftsjahres (1. Januar des Folgejahres) entsteht, lässt der
BGH in seinem Urteil offen.
Die WEG-Reform vom 1. Dezember 2020 strukturiert vollkommen neu. Sie sieht
die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer im Rahmen der ihr aufgegebenen
ordnungsmäßigen Verwaltung verpflichtet, Jahresabrechnung,
Einzelabrechnungen, Vermögensbericht und Wirtschaftsplan zu fertigen
(§§ 18 Abs. 1, 28 Abs. 2 Satz 2,9 a Abs. 2 WEG); den Verwalter
nur noch als ihr Vollzugsorgan (§§ 9b Abs. 1, 27 WEG). Zunächst
muss also nach Ausscheiden des bisherigen Verwalters bei gesetzlicher
Betrachtung der neue Verwalter handeln.
Der bisherige Verwalter schuldet jedoch die genannten Rechenwerke als
„Werkerfolg“ aus dem Verwaltervertrag in seiner Eigenschaft
als Geschäftsbesorgungsvertrag mit werkvertraglichen Elementen (BGH,
Urteil vom 26.02.2021 - V ZR 290/19, juris; BGH, Urteil vom 16.2.2018
- V ZR 89/17, NJW 2018, 1969 Rn. 15). Verletzt er diese Pflicht schuldhaft,
steht er in der Regresshaftung. Beim neuen Verwalter zusätzlich entstehende
Mehrkosten muss er dann tragen (so auch: Mediger, Anmerkung zu AG Kassel,
Urteil vom 11.11.2021 - 800 C 1850/21, in ZWE 2022,229).
Zu beantworten bleibt die Frage eines Schadensersatzes, wenn es nicht
um den vorjährigen Abrechnungszeitraum, sondern um den laufenden
Abrechnungszeitraum zur Zeit des Austritts geht. Festzuhalten ist zunächst,
dass hier eine Abrechnungspflicht zur Zeit des Austritts noch nicht entstanden
sein kann; entweder sie entsteht nach Auffassung des BGH erst zum Jahresende
oder zum Beginn des Folgejahres. Es fehlt vor allem an der Abrechnungsreife.
Denn Verbrauchswerte können innerhalb des laufenden Abrechnungszeitraums
für den Zeitraum komplett logischerweise noch nicht zur Verfügung
stehen. Auch die Abrechnungsunterlagen können deshalb weder erstellt,
geschweige denn bereits beim Verwalter eingetroffen sein.
Im Gegensatz zur Abrechnung für den Vorjahreszeitraum (dazu BGH,
Urteil vom 16.2.2018 - V ZR 89/17, NJW 2018, 1969, 1970 Rn. 16 - fehlende
Unmöglichkeit der Erfüllung der Abrechnungspflicht nach §
275 Abs. 1 Satz 1 BGB) ist dem bisherigen Verwalter zum Zeitpunkt seines
Ausscheidens die Erstellung der Rechenwerke (Jahresabrechnung und Vermögensbericht
für das laufende Jahr seines Ausscheidens sowie Wirtschaftsplan für
das Folgejahr im Sinne von § 28 WEG) unmöglich, ein Regressanspruch
damit nicht gegeben.
Lesetipp:
Broschüre "Streit mit dem WEG-Verwalter",
2. Auflage 2022, 16,95 €, 202 Seiten, DIN A5, ISBN 978-3-96434-025-2,
zuzüglich Versandkosten
bei Einzelbestellung, zu beziehen über Haus
und Grund Niedersachsen, E-Mail: info@haus-und-grund-nds.de;
Fax: 0511/97329732.
© Dr. Hans Reinold Horst
News/Presse
>>